Einfamilienhaus im Rohbau
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Und nun? – Spricht der Große Zivilsenat in Sachen Abkehr von den fiktiven Mängel­beseitigungs­kosten nun ein „Machtwort“?

Betrifft:

  • Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Urteil vom 22. Februar 2018 (VII ZR 46/17)
  • Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Beschluss vom 13. März 2020 (Az. V ZR 33/19)
  • Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Antwortbeschluss vom 8. Oktober 2020 (Az. VII ARZ 1/20)

Nachtrag zu den von uns veröffentlichten Artikeln:

„Abkehr von den fiktiven Mängelbeseitigungskosten auch im Kaufrecht? Köln, 20.02.2019  – Quo vadis BGH?“ und „Keine fiktiven Mängelbeseitigungskosten (im Rahmen des Schadenersatzanspruches statt der Leistung, sog. „kleiner Schadensersatz“) Köln, 24.09.2018“

Der damals mit der Entscheidung befasste VII. Senat des BGH, änderte in der zitierten Entscheidung seine Rechtsprechung bzgl. der fiktiven Mängelbeseitigungskosten grundlegend. Da die für das Kaufrecht zuständige Senate eine solche fiktive Abrechnung bislang für zulässig gehalten haben, legte der VII. Senat die Entscheidung nicht dem Großen Zivilsenat zur Entscheidung vor. Die Begründung war eine einfache: Hier geht es nicht um Kaufvertrag, sondern um Werkvertrag! Die Entscheidung sei für das Kaufrecht irrelevant.

Dieser grundsätzlichen Meinung war auch der V. Senat des BGH, als es wieder um die Frage fiktive Kosten im Kaufvertragsrecht ging (Beschluss vom 13. März 2020 (Az. V ZR 33/19) Rn. 5 „es selbst verneint diese Frage“!). Der V. Senat wollte die Ansicht aber nicht weiter „kommentarlos“ vertreten, da er sich an der bisherigen Grundlage der kaufrechtlichen Rechtsprechung orientierte, welche auf der werkvertraglichen Rechtsprechung fußte und damit auch die geänderte Rechtsprechung des VII. Senates miteinbezogen werden sollte (Rn. 10 des Beschlusses und Rn. 45 ff.).

Dieser Umstand bekräftigt noch einmal das auch bisher Gesagte!

Das Urteil des VII. Senates aus dem Jahr 2018 hatte (nun auch beim BGH selbst) für mächtig Furore in Literatur und der Instanzenrechtsprechung gesorgt. Hier wurde teilweise vehement die Abkehr der fiktiven Mängelbeseitigungskosten im Kaufvertragsrecht, ja sogar im Mietvertragsrecht, vertreten. Auch wir bei Advonova hatten damit zu kämpfen.

Der V. Senat legte daher dem VII. Senat (zuständig für den Werkvertrag) diese Frage noch einmal vor (mit Beschluss vom 13. März 2020 (Az. V ZR 33/19). Der VII. Senat nahm so mit Antwortbeschluss vom 8. Oktober 2020 (Az. VII ARZ 1/20) Stellung:

Das Ergebnis war eindeutig (Rn. 18 des Beschlusses). In dem Antwortbeschluss begründet der VII. Senat des BGH in sehr eindeutiger und dogmatisch hervorzuhebender Art und Weiße die unterschiedliche Zielsetzung und Interessen des Kaufvertragsrecht einerseits und des Werkvertragsrechts andererseits (vor allem nach der Schuldrechtsreform; vgl. Rn 23ff; 32, 69 und 70 des Beschlusses).

Die Besonderheiten des Werkvertragsrechts (insbesondere des Bau- und Architektenrechtes) sind aber eben nicht ohne weiteres auf das Kaufvertragsrecht zu übertragen (vgl. Rn 23ff; 32, und auch 46ff., 69 und 70 des Beschlusses). Jedenfalls aber gibt es keinen Hinderungsgrund im Kaufvertragsrecht weiterhin die fiktive Mängelbeseitigung zuzulassen.

Die Antwort des VII. Senates des BGH gibt nun gerade im Werkvertragsrecht den Weg vor. Da die richtungsändernde Rechtsprechung eben dieses Senates aus dem Jahr 2018 nun von ebendiesem bestätigt wurde, bleibt dem V. Senat nun (nur noch) der Gang vor den Großen Zivilsenat, will er seine Auffassung bestätigt wissen.

Positiv zu vermerken ist an dieser Stelle, dass beide Senate grds. der Meinung sind, dass die Rechtsprechung des VII. Senates nicht auf den Kaufvertrag und seine Regelungen übertragbar ist.

Sollte es zu einer Vorlage kommen wird es spannend. Die nun gefestigte Rechtsprechung des VII. Senates in Bausachen könnte bestätigt oder gekippt werden.

Zumindest aber würde dann im Kaufvertrags- und Werkvertragsrecht wieder Klarheit herrschen?

Rechtsanwalt Sebastian Kutzner,

München, Köln

Autoren dieses Beitrags

Sebastian Kutzner

Sebastian Kutzner

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verkehrsrecht
089 24218879-0
089 24218879-13
  • München /
Qualifikationen
  • Rechtswissenschaftliches Studium
  • Tätigkeit als Rechtsanwalt in Großkanzlei
  • Mediator (MuCDR)
Rechtsgebiete
  • Allgemeines Zivilrecht
  • Arbeitsrecht
  • Ordnungswidrigkeit
  • Privates Baurecht
  • Strafrecht
  • Verkehrsrecht
  • Verkehrsstrafrecht
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